Weinrallye #67 | Politik & Wein

Der Volkswein!


Stell Dir mal vor, es ist der Abend der Bundestagswahl. Per tweet erreichen Dich die ersten exit polls und Du überlegst Dir, wer jetzt wohl die dafür angedrohten € 50.000 Strafe zahlen muss. Wahrscheinlich wieder kein Mensch, denn schließlich hat die Politik vom Netz, seiner Funktionsweise und den Nutzern eh keine Ahnung. Die könnten einen tweet nicht zurückverfolgen, wenn er als Grimmsche Brotkrumenspur vor ihnen läge. 18:00 Uhr, Schließung der Wahllokale, Aus, Ende, Schluß. Die Prognose bestätigt die polls und Du denkst Dir war ja klar. 18:14 Uhr, Frau Schausten kündigt die erste Hochrechnung an. Frau Merkel machts. Und noch 20 Minuten später hältst Du mitsamt der Republik den Atem an, denn vielleicht macht sie es sogar ganz alleine. Ich. Merkel. Wie despektierlich und herabwürdigend und so falsch noch dazu die oft kolportierte Rede von Mutti machts. Merkel und Mutti? Nicht Dein Ernst, oder? Erstens gibt es nur eine Mutter der Nation und das war bekanntlich Inge Meysel, Gott hab sie selig. Merkel ist mächtig, berechnend und so unfassbar klug und strategisch, dafür hat sie meinen Respekt, so von Frau zu zu Frau; aber ganz bestimmt ist sie nicht Mutti!

Am nächsten Morgen schlägst Du die Zeitung auf bist Du online und liest das amtliche Endergebnis. Draußen auf dem großen Platz, unweit Deiner Wohnung laufen die Vorbereitungen für die Amtseinführung auf Hochtouren. Tribünen werden aufgestellt, die Stufen zur Bühne mit purpurrotem Teppich ausgeschlagen. Die ersten Gaukler reisen an, Artisten üben ihre letzten Gänge auf dem Drahtseil und die Jongleure schauen ihren Bällen bis in den blauen Himmel nach. Musik schallt aus großen Lautsprechern, es herrscht Aufbruchstimmung im gesamten Volk, die Stimmung ist volksfestähnlich. Große Tankwagen kreisen das Rund des Platzes, suchen sich Plätze im Schatten der großen Bäume. An den Seiten der Tanks werden komplizierte Apperaturen installiert, bei genauerem Hinsehen erkennst Du sie als Zapfhähne. Auf den Tanks steht Rot und Weiß und Rosé und zwischen ihren Zugmaschinen stapeln sich die Neunzigcent-Plastikgläser, von denen die Grünen im Vorfeld keine Kenntnis hatten, die hätten ungeachtet der möglichen Verletzungsgefahr auf Pfandgläsern bestanden. 

Der Platz wird voller und voller, aus allen Teilen des Landes strömen die Menschen herbei, suchen sich ihren Platz, warten im Schatten, fächeln sich Luft zu und trinken Wasser aus mitgebrachten Kunstoffflaschen, sicher ist sicher, ob Grün oder nicht, you know? Die Dämmerung senkt sich über die Zinnen des Amtssitzes herab, die Menschen stecken ihre Fächer ein und zücken die Ferngläser. Die ersten strecken ihre smartphones in die Höhe und fotografieren, überall blitzt es, die anwesenden Fotografen zünden ein Feuerwerk ihrer Kameras. Die launige Musik verstummt, es töst aus den Lautsprechern, Tage wie dieser erschallt und Campino sitzt zuhause auf dem Sofa und mailt seinem Anwalt, er habe jetzt endgültig die Schnauze voll von dieser Vereinnahmung. Frau Merkel, in schwarzer Hose und hermelinbemustertem Blazer, um den Hals eine Kette in Form der Merkleschen Raute in schwarzrotgold, schreitet gemessenen Schrittes die Stufen zur Tribüne hinauf. Und da steht sie nun mit diesem kleinen verschmitzen Lächeln. Du vermutest, das es innerlich doch in ihr brodeln würde, oder freut sich diese Frau auch nach Innen nicht in laut? Sie sagt Ich freue mich und Dankeschön, dreht ab und verschwindet gemessenen Schrittes im Gebäude. Das Volk jubelt, denn jetzt beginnt der wirklich feine Teil des Abends. Die Hähne der Tanks werden geöffnet, bis in den frühen Morgen hinein fließt der Wein fürs Volk in ebendieses. Weiß und Rot und Rosé, für jeden ist etwas dabei. Die Weine sind Massenproduktion, aber ordentlich gemacht. Nicht vergleichbar mit einem großen Bordeaux, aber aus Deutschland. Deutsche Trauben, deutsche Winzer, deutsche Kellermeister, deutsches Weinwissen. Vor Jahren schon bekam dieser bekannte deutsche Winzer, Du weißt, wen ich meine... den Auftrag der damaligen Regierung, einen Wein zu keltern. Einfach und gut, so dass ein jeder ihn sich leisten könne. Ein Wein, der dafür Sorge tragen solle, dass die Menschen im Land eben von diesen weniger haben würden. Ein Wein fürs Volk - kurz gesagt: Der Volkswein. Dieser Volkswein wird seit Jahren zu großen Anlässen ausgeschenkt. Sei es der Besuch einen hohen politischen Gastes oder eben die Amtseinführung der neu gewählten Regierung. Er ist beliebtes Gastgeschenk unserer Politiker im Ausland und genießt hohes Renommee auf der ganzen Welt. Schon gibt es Überlegungen, ihn auch im Ausland zu produzieren, aber noch verweigern sich die hiesigen Winzer diesem Gedanken. 

Und Du? Du denkst jetzt sicher, jetzt spinnt sie total, die Tochter. Aber sei gewiss, mein Gedanke ist nicht sehr weit hergeholt. Am 18. Januar 1701 krönte sich in Königsberg der brandenburgische Kurfürst Friedrich III zu Friedrich I, König in Preußen. Die Feier war aufwändig und suchte kostenmäßig ihresgleichen. Nach heutiger Währung wurden unter dem jubelnden Volk € 600000 in Münzen verteilt und aus extra hierfür aufgestellten Brunnen sprudelten 4000 Liter Wein. Insgesamt dauerten die Feierlichkeiten über ein Jahr, sie waren das teuerste Einzelereignis der gesamten brandenburgisch-preußischen Geschichte (wikipedia)

Feine Sache, so ein Volkswein, oder? Stell Dir mal vor, Du schlenderst abends durch den Supermarkt d. V., vorbei an all den ominösen Flaschen mysteriösen Inhaltes, mit diesen trügerischen Etiketten, die Dir die Herkunft von einem großartigen Château vorgaukeln sollen für den Supertroupersonderpreis von nur € 2,99. Und gleich daneben steht der Volkswein. das Etikett schlicht aber mit Wiedererkennungseffekt, der Flascheninhalt sauber und gut gemacht, rebsortentypisch, ein Spaßmacherwein, kein komplizierter Geselle, so einer, der den Grillabend mit den Nachbarn ebenso begleiten kann wie eine der unnützen politischen Talkshows und der einfach immer jedem schmeckt, auch wenn er oder sie sagt "ich verstehe nichts von Wein". Dann kannst Du nämlich sagen musst Du auch gar nicht. Wein muss schmecken und der hier schmeckt. Manche Dinge können so einfach sein, oder? Dieser Wein ist auch gar nicht teuer. Er kostet so um die € 6,80 und hat ein 13 für 12 Angebot. Preislich liegt er also in einem Bereicht, in dem durchaus gute Weine gemacht werden und die Produzenten davon am Ende noch leben können.

Was ich jetzt vorschlage als Volkswein? Nee, in die Falle laufe ich nicht. Das hier ist ein Beitrag zur Weinrallye ohne Weinempfehlung, ich empfehle an dieser Stelle lediglich ausdrücklich "Mehr Wein fürs Volk!" Und ich hätte eine Menge Ideen, welche Weine das sein könnten; aber so viele ich auch nennen würde, am Ende hätte ich immer jemanden vergessen. Und der wäre dann beleidigt ;) Nur soviel: 

Er müsste natürlich aus Rheinhessen kommen! :)

Disclaimer:
Die Weinrallye ist ein monatlich wiederkehrendes Blogereignis für Weinthemen. Jeden Monat übernimmt ein anderes Blog als Gastgeber die Federführung und lädt zu einem bestimmten Thema ein. Eingeführt hat die Rallye anlehnend an die französischen Vendredis du Vin Thomas Lippert auf seinem leider stillgelegten Winzerblog . Im nächsten Monat sind wir zu Gast bei Christoph von Originalverkorkt zum Thema "Wie sieht Deine Wunsch-Weinkarte im Restaurant aus?". Müsste halt ein Volkswein drauf stehen, oder? 

Nachtrag: Bitte hinterlasse als Rallyeteilnehmer unbedingt Deinen Beitrag als Kommentar hier im Blog. Du tauchst sonst nicht in der Zusammenfassung auf!

  Genießt euren Tag!                                                                                                                                            

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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

12 Kommentare :

  1. MEHR WEIN FÜRS VOLK! Mit diesem Slogan wirst Du Kanzlerin - oder wenigstens Weinkönigin der Herzen! <3

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  2. Hier ist mein Beitrag: http://schiller-wine.blogspot.de/2013/09/government-owned-and-run-wineries-in.html Government Owned and Run Wineries in Germany - Staatsweingut Weinsberg in Wuerttemberg

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  3. Soeben bin auch ich bei der Weinrallye #67 gestartet, mit dem Thema: System Schweiz.
    Hier die Links:
    http://www.sammlerfreak.ch/wein/wein-rallye/rallye-67-politik/
    oder
    https://www.facebook.com/notes/wein-im-gep%C3%A4ck/weinrallye-67-wein-politik/557411927645380

    Peter Züllig

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  4. Mich hat die Muse schon geküsst. Sie hätte sich aber durchaus vorher die Zähne putzen können, die Gute.

    http://hundertachtziggrad.blogspot.de/2013/09/weinrallye-67-wein-und-politik.html

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  5. Isch bin dabei. ;) http://www.originalverkorkt.de/2013/09/weinrallye-67-mehr-kabinett-furs-kabinett/

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  6. Nach langer Weinrallye Abstinenz wird es mal wieder Zeit dabei zu sein :)

    http://www.institute-of-drinks.at/weinrallye-67-politik-wein/

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  7. ich reich mal schnell die Viktoria nach

    http://blog.wein-reich.info/2013/09/27/weinrallye-67-politik-und-wein/

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  8. Mein aller aller aller längster Blogbeitrag EVER! :-)

    Ein Schauspiel mit diversen Flaschen

    http://www.superschoppen.com/2013/09/27/politik-und-wein/

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  9. und den Stefan
    #wennmannichtallesselbermacht ;-))

    http://baccantus.de/2013/09/27/von-schampus-politik-und-salzgeback/

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  10. Politik? Wein? Da sind wir dabei! http://hauptsachewein.blogspot.de/2013/09/weinrallye-67-politik-und-wein-oder.html

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  11. Und ich schiebe selbst den Beitrag von Bushcooks Kitchen hier herein, sie weilt auf Reisen und hat kein Netz. Geschrieben wurde er von einem Winzer höchstselbst.
    http://bushcooks-kitchen.blogspot.de/2013/09/weinrallye-67-politik-wein-dornen-statt.html

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  12. und hier noch der Thorsten Falk
    http://falk-kulinarium.de/wordpress/beim-wein-ist-es-wie-in-der-politik/

    ich such aber noch mal durchs Netz vielleicht dümpeln da noch ein paar rum

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Der einfacheren Lesbarkeit wegen, verwende ich in diesem Blog oft das generische Femininum. Es sind stets alle mitgemeint.