Johannes King im Interview bei Arthurs Tochter Kocht

Die Anzahl der bisher für "Jeden Tag ein Buch" besprochenen Bücher reißt mich schier vom Hocker. Und heute ist erst der wievielte Tag? Der vierte? Und haben wir wirklich schon über 60 Rezensionen und Betrachtungen über Genussbücher gesammelt? Vor lauter Link-Sortiererei, hier einen Tip geben, dort eine Frage zur Themenwoche beantworten, komme ich kaum dazu, selbst etwas zu schreiben. Aus diesem Grund habe ich es mir heute einfach gemacht. Mal nur so ein paar Fragen in den Raum geworfen und fertig. 

Naja. Nicht ganz. Ein Interview mit einem Sternekoch, den man persönlich noch nicht kennt, macht frau nicht zwischen Tür und Angel, selbst ich bin nicht so vermessen. Aber wie bereitet man sich vor? Rezepte kochen, Kochbuch lesen, Wikipedia fragen, ja auch. Googeln ist immer voll toll. Schon. Aber am Ende? Bleibt doch eigentlich nur, auf eine "good vibration" zu hoffen und das ganze Gespräch einfach auf sich zukommen zu lassen. Genau so habe ich das gemacht. Stell Dir mal vor, Du triffst unterwegs auf einen Menschen, den Du schon immer mal kennen lernen wolltest. Hast Du dann zufällig ein Karteikärtchen mit Fragen in Deiner Hosentasche? Eben. Ich auch nicht. Man setzt sich hin, trinkt ein Glas und fragt so dies und das. Und am Ende, wenn alles gut geht, dann hat man ein wenig vom Gesprächspartner erfahren und ist einen Hauch in die Gefühlswelt des Gegenüber eingetaucht. So ging es mir mit Johannes King am gestrigen Abend. Ein feines Gespräch, in dem wir beide viel gelacht haben. Er als kongenialer Gesprächspartner, für keine Frage zu bekannt, berühmt, besonders. War doch bisher in meinen Augen von allen mir bekannten Köchen Nils Henkel der mit Abstand allerallerALLERnetteste, kann ich heute erzählen, dass die kleine feine Gruppe der allerallerALLERnettesten Köche Zuwachs bekommen hat - Johannes King ist jetzt dabei! Und falls Du eher auf die Ohren, statt auf die Augen möchtest, findest Du am Ende dieses Artikels die Sounddatei mit dem Podcast zum Nachhören :)
           
Herr King, ich bin vor Jahren, als ich überhaupt noch nicht in der Köche-Szene involviert war und die wenigsten persönlich kannte,  auf einer Veranstaltung in Joachim Kaiser gelaufen und habe ihn mit ihnen verwechselt.  Es hat einige Monate gedauert, bis ich meinen Fehler bemerkt habe, aber auch Herr Kaiser hat gar nichts gesagt, sondern ganz zufrieden hingenommen, dass ich einen King aus ihm gemacht habe.  Mit wem möchten Sie denn gerne mal verwechselt werden?

(Lacht)
International gesehen mit Joël Robuchon, weil er ein ganz großer ist und Unglaubliches geleistet hat. Wenn ich etwas in der Nähe bleiben würde, dann würde ich mich gerne René Redzepi vertauschen lassen. Es ist absoluter Zeitgeist, was in seiner Küche passiert und ganz grandios, was dort geleistet wird. 

Sie sind in einer Großfamilie aufgewachsen, haben 9 Geschwister. Wie wurde bei Ihnen zuhause gegessen, saß die Familie gemeinsam um einen großen Tisch? Gab es ein Sonntagsessen mit Sonntagsbraten? 

Wenn ich das heute Revue passieren lasse, bin ich mit sieben Schwestern und zwei Brüdern im Paradies großgeworden. Mit meinen Eltern und meinem Großvater saßen täglich 13 Personen am Tisch, es gab jeden Tag Mittagessen und um 17:00 Uhr Vesper. Auf dem Tisch stand, was wir auf unserem Bauernhof selbst erzeugt haben. Wir hatten Schweine, Hasen, Hühner, einen Gemüsegarten und Bienen. Mein Vater hat bis vor kurzem noch als Imker gearbeitet. Es ist ein Privileg, dass ich so aufwachsen durfte.

Das heißt, ihr Leben war von Fülle geprägt und nicht von Verzicht?

Ja, aber leider habe ich das erst viel später begriffen. Auf der einen Seite, in welch wunderbarem Kreislauf ich groß geworden bin und auch, wie gesund wir gelebt haben. Wie ehrlich und nachhaltig diese Zeit war. Allerdings warne ichauch immer ein wenig vor Glorifizierung dieser Zeit, wenn andere zum Fußballspielen gegangen sind, musst ich auf den Kartoffelacker zum Arbeiten oder Gras mähen oder Kühe melken. Wir haben hart gearbeitet, haben gerne gearbeitet und tun das auch heute noch. 

Wenn Sie an ihre Zeit als Kind zurückdenken, können Sie noch sagen, welches Essen Sie am meisten beeindruckt hat?

Ja, das war Hühnerfrikassee mit gesalzenem Guglhupf und Kopfsalat. 

Oh das liebe ich auch sehr, bis heute! Wurde bei Ihnen der Kopfsalat auch mit Kondensmilch angemacht?

(Lacht) Nein, bei uns war es Essig und Öl und Schnittlauch aus dem Garten. Der gesalzene Guglhupf hatte Rosinen und wurde von meiner Mutter nebenbei im Ofen gebacken. Zum Essen wurde er aufgeschnitten, kam als Beilage anstelle von Nudeln oder Kartoffeln auf den Tisch und wurde dann zum Frikassee in die Sauce getunkt.

Das klingt herrlich, ich würde das auch heute noch gerne essen. Gibt es das Gericht manchmal noch bei Ihnen? 

Jedes Jahr im Spätsommer haben wir das Frikassee auf der Speisekarte des Söl’ring Hof.  Bis heute serviere ich es im Restaurant mit gesalzenem Guglhupf und einer kleinen Schale Salat, wie früher meine Mutter. 

Wenn man Sie auf der berühmten einsamen Insel aussetzen würde, und sie dürften sich 5 Lebensmittel für den Rest ihres Lebens mitnehmen, welche würden das sein?

Ich würde Queller mitnehmen, bzw. ich hätte es gut, denn der wüchse da schon (lacht)
Dazu Austern, Butter und Milch und Brot. 

Was bedeutet Ihnen der Begriff „Vertrauen“ gerade in der Zusammenarbeit mit ihren Mitstreitern wie Maria Schierz oder ihrem Kapitain zur See, Rainer Gottberg?

Vertrauen hat vor allem mit Verlässlichkeit zu tun. Und wenn ich mich auf jemanden verlassen kann, dann akzeptiere ich auch, wenn es Dinge einmal nicht gibt oder nicht immer alles möglich ist. Ich schätze unglaublich, was die beiden machen und muss natürlich auch akzeptieren, dass die Launen der Natur eben dazu führen, dass nicht immer alles verfügbar ist, was auf unserem Wunschzettel steht. Es gibt auch Zeiten, da ist viel mehr verfügbar, als ich eigentlich benötigen würde, dann muss ich mich anstrengen, alles zu verarbeiten. Wir haben auf der Insel mal viel und mal wenig, da hilft nur Kreativität, um diesen Schwankungen gerecht zu werden. Manchmal haben wir sogar gar nichts, dann greifen wir auf ein weiter gefasstes Netzwerk zurück. 
Aber das Vertrauen zu den Lieferanten muss man sich in der Tat aufbauen, es ist ein beständiges Geben und Nehmen…
Auch der permanente Austausch mit den Erzeugern ist enorm wichtig. Es ist erschreckend, wie wenig manche Produzenten Bescheid wissen, aber wenn Sie dann jemanden treffen, der aufgeschlossen und interessiert ist, der gerne Neues aufnimmt und Altes vertieft, dann merken Sie sehr schnell, dass dort eine Basis ist, auf der man gemeinsam für die Zukunft aufbauen kann. 

Warum ist es unter all den Fischen gerade die Meeräsche, die sie so mögen, was fasziniert Sie an diesem Fisch?

Für uns ist die Meeräsche vielleicht der Fisch, der für die Südfranzosen die Dorade ist. Es gibt sie einfach sehr häufig in der Nordsee, gerade in den Küstenregionen. Als reiner Planktonfresser ist die Meeräsche dazu noch Vegetarier. Sie ist ein unglaublich delikater Fisch, der aber unbedingt topfrisch gefangen sein muss. Wenn Sie gezüchtete Meeräschen bekommen, die es mittlerweile auch schon gibt, sind diese meistens muffig und grau, glänzen und animieren nicht. Allerdings hat dieser Fisch auch seine Haken und Ösen, er wird sehr schnell trocken, es ist große Sorgfalt beim Braten geboten, allerdings kann man ihn auch sehr gut roh als Tatar verwenden. 

Das heißt aber für mich, dass ich diesen Fisch lieber bei Ihnen direkt esse, bevor ich meinen Fischhändler mit einer Bestellung auf die Nerven gehe? (Lacht)

Ja, das wäre natürlich schön! Aber ich komme gerade aus Paris und war dort auch wieder auf dem Markt. Dort lagen die Meeräschen, so frisch, dass ich dachte, sie springen mich gleich an. Frischer bekommen auch wir sie nicht aus dem Wasser und es fast ein Wunder, in welcher Geschwindigkeit die Franzosen den Fisch auf den Tisch bekommen. 

Ich stimme Ihnen zu, dass gerade die ursprünglichen Lebensmittel, also genau die, die eigentlich früher selbstverständlich waren, in ihrer ganzen Einfachheit für den modernen Menschen zum Luxusgut geworden sind. Was kann denn der einzelne Großstadtmensch tun, um dem entgegen zu wirken? Abgesehen davon, dass er sich an den Computer setzt und die gewünschten „regionalen“ Köstlichkeiten bestellt?

Es ist sicher zum Luxus geworden, die einfachen Dinge in bester Qualität zu bekommen. Man hat vielleicht auch jahrelang über so genannte einfach Lebensmittel, wie Kartoffeln und Eier hinweggearbeitet. Heute geht man penibler dran, will wissen, welche Kartoffelsorte es ist, wie sie schmeckt etc. Mittlerweile geht man viel stärker in die Tiefe und sicher hat die Bio-Welle ihren Teil dazu beigetragen, dass eine größere Sensibilisierung stattfindet. 

Man merkt auch, dass in größeren Städten ein enormer Zuwachs von kleineren Geschäften stattfindet, es gibt immer mehr feine kleine Landkost-Geschäfte, die Märkte blühen auf, so dass man durchaus die Möglichkeit hat, an gute und natürliche Ware heranzukommen. Man muss natürlich mehr Zeit für den Einkauf aufwenden, solche guten Märkte finden nicht an jeder Ecke statt und die Wege sind vielleicht ein wenig weiter.Ich habe 3 mittlerweile erwachsene Kinder, die mich bis heute anrufen und nach Tips fragen, wo es z. B. in Berlin-Wedding einen guten Markt gibt; sie wollen sich gut ernähren, sie wollen weniger, das aber besser!

Sie haben aktuell ihre zwei Sterne verteidigt. Gibt es das bewusste Streben nach einem Dritten?

(Lacht) Nein. Mit dem, was wir in Söl’ring Hof leisten, mit allen Freiheiten, die wir haben, sind wir sehr gut bedient. Zwei Sterne passen zu uns, diese haben einen Anspruch, den wir erfüllen können und wollen. Die Drei-Sterne-Abteilung könnten wir nicht leisten. Wir wären in allen unseren Handlungen auf einmal eingeschränkt, weil ein viel größerer Druck auf uns lasten würde. Sie werden mit drei Sternen von allen Seiten beäugt und unter die Lupe genommen, in Deutschland noch einmal ganz besonders und da habe ich gar keine Lust drauf. Andersrum ist es doch so – das, was wir bisher gemacht haben, haben wir immer aus Ãœberzeugung getan und wir waren damals sehr überrascht, als wir den 2. Stern erhalten haben, weil man ja doch auch schaut, was machen die anderen und uns war klar, dass wir auf dem gleichen Niveau arbeiten, aber es muss auch alles immer zum eigenen Betrieb passen. Wir haben nicht nur das Restaurant, sondern auch 15 Zimmer und Suiten im Haus und unsere Hausgäste kommen gerne ins Restaurant und essen nur mal zwei Gänge statt eines großen Menüs. Mit dem 3. Stern wäre auf einmal eine größere Strenge unseren Gästen gegenüber nötig. Das, was wir tun, tun wir aus hundertprozentiger Ãœberzeugung, wir arbeiten wirtschaftlich, schreiben schwarze Zahlen. Wenn ich mein Restaurant subventionieren müsste, würde ich es morgen zumachen und ein Hotel Garni draus machen, anders ergäbe das alles für mich überhaupt keinen Sinn. Natürlich kann ein großes Hotel seine Marketinggelder investieren, wo es möchte und wenn es diese in ein Restaurant stecken möchte, finde ich das völlig legitim. 

Wie groß ist die Angst, einen Stern zu verlieren und was wären die Auswirkungen auf ihr Haus?

(Lacht) Das schwebt natürlich immer ein wenig mit und man freut sich natürlich jedes Jahr, wenn dann die Bestätigung durch ist. Natürlich ist die Gefahr da, dass nach einigen Jahren auch mal eine Art „Bestrafung“ stattfinden kann, oder eine kleine Nachlässigkeit zum Entzug führt. Wir arbeiten nach wie vor mit viel Freude und es ist doch nicht das Stück Papier oder die nette Pressemitteilung. Der Gast muss auf dem Teller sehen und spüren, was sich weiter entwickelt hat, alles andere wäre Quatsch. Ich freue mich besonders daran, wie engagiert meine Mitarbeiter bei allen Projekten mitziehen. Mittlerweile haben wir 12 Bienenvölker, einen Imker als festen Mitarbeiter. In 2013 haben wir bereits 70 kg Honig geerntet, es tut sich immer etwas bei uns. Da sind alle Mitarbeiter infiziert und die Gäste gleich mit!
Wenn ich ihr zweites Kochbuch zur Hand nehme  und von Ihren Wünschen, Träumen und Lebenskreisen lese, dann würde es mich überhaupt nicht wundern, von Ihnen irgendwann den Satz zu hören, „macht doch euren Quatsch alleine, ich brauche diesen Sternezirkus nicht“. Könnte das irgendwann einmal passieren, so wie es Franz Keller mit seiner Adlerwirtschaft im Rheingau macht? 

Ja, man liebäugelt immer wieder mal damit. Aber dann passte es eben doch wieder nicht. Der Söl’ring Hof ist ja nicht Luxushotel mit Speisesaal, andersrum ist er auch nicht Luxusrestaurant mit Jugendherberge. Den Söl’ring Hof muss man als Gesamtes sehen und deswegen passen auch die zwei Sterne wunderbar da hinein. 

Sind die Verlockungen von Fernsehen und Werbung groß, um sich finanziell zu stärken für den wirtschaftlichen Betrieb eines Sternerestaurants?

Ja das sind sie, und das waren sie auch mal für mich. Ich habe eine ganze Weile bei „Lanz kocht“ mitgemacht, eine Weile für den NDR etwas gemacht und habe schon ordentlich reingeschnuppert in diese Welt. Irgendwann war ich an meiner persönlichen Schnittstelle, an der ich entscheiden musste, entweder mehr zu machen oder nichts mehr. Und dann habe ich mich für das „nichts mehr“ entschieden und habe diese Entscheidung nie bereut. Alles andere wäre nicht glaubwürdig gewesen. 

Sie sind Koch, und mittlerweile auch im besten Sinne des Wortes Landwirt. Was ist von ihrem ursprünglichen Wunsch, eine Ausbildung als Glasbläser zu machen, geblieben? Wurde später vielleicht ein unerfüllter Berufswunsch zum Hobby?

(Lacht) Freizeit ist sehr knapp. Aber ich habe einen der schönsten Berufe überhaupt. Ich bin Koch-Gastgeber-Hotellier-Lebensmittelbeschaffer und Genießer; das alles kann ich eh nicht in einem normalen Wochenarbeitspensum leisten, das ist eine Jahres- bzw. Lebensabschnittsaufgabe. Und aus diesem Grunde verbinde ich einfach alles Schöne mit meinen vielen Berufen. Ich komme gerade aus Paris, war dort gut essen, habe Produktrecherchen gemacht und zwei meiner Produzenten besucht. Jetzt wundert man sich vielleicht und denkt sich 'Moment, was macht denn der King in Paris, der verarbeitet doch nur fein-heimische Produkte', aber wir haben auch durchaus ausländische Produzenten, die ja auch immer Dienstleister für unsere Gäste sind. Seit vielen Jahren arbeite ich jetzt mit Prunier zusammen und mache dort selbst zweimal im Jahr Kaviar . Prunier hat in Paris ein ganz fantastisches Geschäft, in dem ich die neuen Sorten aus der Oktobercharge probiert habe. Und das ist so wichtig, im regelmäßigen Austausch zu bleiben, seine Erfahrungen weiterzugeben, und dafür muss man immer wieder auch vor Ort sein. Aber sie haben nach meinen Hobbys und unerfülltem Berufswunsch gefragt  –  wenn ich heute noch einmal anfangen könnte, dann würde ich mir folgendes wünschen: Vorne einen Weinberg, hinten eine Brennerei, (lacht) rechts das Hotel und links das Restaurant, oh ja! 

Das klingt verdammt gut! (lacht)
Haben sie einen Traumgast? Mit wem würden Sie gerne mal einen ganzen Abend verbringen und gemeinsam essen und die ganze Nacht hindurch reden? 

Ich glaube – ohne dass wir etwas zu essen bräuchten – ich würde gerne mal den Abend mit Alain Ducasse verbringen. Oder auch mit ihm frühstücken. Mit diesem Menschen würde ich mich gern mal ein paar Stunden unterhalten. 

Gibt es in der Riege der Sterneköche echte Freundschaften oder finden Sie diese eher in ihrem Umfeld außerhalb des Berufes?

Nein, die gibt es auch innerhalb der Branche. Ich habe einen Freund seit über 30 Jahren, er hat den gleichen Beruf wie ich, wir haben bereits vor vielen Jahren zusammen gearbeitet, diese Freundschaften gibt es also schon. 

Es gibt ein paar Anmerkungen und Fragen, von meinen Leserinnen und Lesern, die ich gebeten wurde, ihnen zu stellen:

1. Sie haben bei Lanz kocht mal knapp blanchierte grüne Bohnen als Sud für ein Onsenei zu Saft zerschreddert. "DIE SIND GIFTIG", lautete später das Fazit, als ich davon berichtete. Haben Sie den Abend noch gut überstanden?

Die Bohnen müssen unbedingt vorher 3 Minuten blanchiert werden und mit Sicherheit waren sie das auch. Alles andere ist dann dem Druck der Sendezeit geschuldet. Rohe grüne Bohnen durch den Entsafter – das geht natürlich nicht. Aber nach dem Blanchieren in den Entsafter, dann kommt unten ein grasgrüner, sehr wohlschmeckender Saft heraus. Wenn Sie das mit rohen Bohnen machen, schmeckt das ganze wie Stärke und absolut unangenehm.

2. Mir fällt keine gute Frage ein, Du darfst ihm aber ausrichten, dass ich ihn noch immer dafür verehre im Fernsehen 4 Flaschen Wein in einer Sendung verkocht zu haben! 
(Können Sie mir sagen, welches Rezept das war? Ich bin ja auch schon hemmungslos, aber 4 Flaschen sind eine ganz Menge!)

(Lacht) Das war Saucendoping! Ich habe eine Röstkaffeesauce gemacht und ein Teil für diese Sauce ist legales Saucendoping. Dazu verwende ich 2 Flaschen Rotwein, 1 Flasche Sherry und eine Flasche Madeira. Zusammen haben Sie dann 3 Liter Flüssigkeit, die Sie auf 300 ml reduzieren, in ein kleines Einmachglas füllen und getrost wochen- oder monatelang im Kühlschrank aufbewahren können. Wenn Sie dann eine dunkle Sauce haben, die noch ein wenig schwach auf der Brust ist, dann geben Sie einen Löffel Booster dazu und dopen so die Sauce mit einem Löffel Extrakt auf. 

Sie können sich darauf verlassen, dass ich das ausprobieren werde! 
Als Zwischenfrage fällt mir noch ein: Haben Sie schon einmal Ravioli kalt aus der Dose gegessen?

Ja, nach dem Schulabschluß bei einem Freund. Dessen Eltern waren verreist und wir hatten dort eine ganz fürchterliche Schulabschlußfete, und zum Schluß gab es Katzenfutter und kalte Ravioli! (Lacht) Und alles ist aufgegessen worden, solch einen Kohldampf hatten wir! So blau waren wir! 
Es gab wirklich Spaghetti mit Whiskas und kalte Dosenravioli!

(Lacht. Sehr!) Wann waren Sie das letzte Mal betrunken, Herr King?

Oh! (lacht) Es war eine Weinprobe im Januar dieses Jahres und die Weine waren so gut, da konnte man nichts wegschütten oder ausspucken und dann lässt man sich verleiten und trinkt ein halbes Glas Wein zuviel. 

3. Frau Neudecker von Randow, die gerade ein Buch veröffentlicht hat mit dem Titel Wie ich in Paris kochen lernte, ohne dabei jemanden umzubringen* lässt fragen, ob Sie grundsätzlich bereit wären, ihr Privatstunden zu geben. Ich muss Sie aber vorwarnen, küchentechnisch betrachtet ist die Frau eine Katastrophe und ich für meinen Teil würde eher mit ihrem Mann, Gero von Randow, kochen wollen. Aber das bleibt unter uns…

Ja, das ist kein Problem, ich gebe regelmäßige Kochkurse.

Das Problem ist aber – die Frau will Sie für sich alleine! 

(Lacht) Ja, auch das ist grundsätzlich möglich!

Dann richte ich das gerne so aus, aber sagen Sie hinterher nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt! (lacht)
Sie sprechen davon, dass ihr Lebenskreis zwar noch nicht geschlossen, aber bereits sehr schön rund ist. Könnten Sie sich vorstellen, einen weiteren beruflichen Teil dieses Kreises nicht auf Sylt zu verbringen? 

Ich liebäugle immer wieder mal damit, denn jetzt bin ich bereits seit fast 15 Jahren auf Sylt und ich wollte eigentlich immer Richtung Süden, bin aber mein ganzen Leben immer nur weiter nach Norden gerutscht. Wenn mich jemand das fragt, sage ich nur halb im Scherz ein Castle in Schottland, dann kommen wir wieder auf die Brennerei hinter dem Haus… Die Brennerei hinten, den Angelsee vorne, das Jagdrevier auf der rechten Seite und links die Zimmer im Schloss für die Gäste. 

Das Areal wird immer größer! 

(Lacht) Ja, aber Sie merken ganz schnell: Mit Angelsee vorne und Jagdrevier hinten geht es immer noch mehr Richtung Selbstversorgung nur mit den Dingen, die die Natur bietet. Vor drei Jahren hatte ich die Möglichkeit, ein Haus auf einer Hallig zu erwerben, der Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen! Ich habe es dann letztendlich nicht gemacht, es war fast unsinnig zum damaligen Zeitpunkt – aber auf einer Hallig ein Haus zu haben und dort im Kreislauf der Natur zu leben – vielleicht nur von April bis Oktober, das könnte ich mir sehr gut vorstellen! 

Ist das auch schon ein bisschen die Idee von einem Lebensabend?

Nein, überhaupt nicht, das ist noch zu weit weg!

Haben Sie denn heute schon eine Idee, wo Sie mal leben möchten, wenn Sie nicht mehr arbeiten? 

Nee, ich könnte überall leben, in der Stadt oder auf dem Land, da gibt es für mich überhaupt noch keine Wünsche  oder Ausrichtungen. 

Ist der Schwarzwald nur noch Herkunft oder auch noch Heimat?

Er ist immer noch Heimat und das bleibt er auch! Der Schwarzwald ist für mich ganz wichtiges Terrain, wo ich 2 – 3x im Jahr bin, mein Vater lebt noch dort und es gibt für mich dort immer noch ein Zuhause. Für mich ist das etwas sehr Wertvolles!

Herr King, das klingt wunderschön und ich danke Ihnen sehr für das feine Gespräch! 


Alle Photos in diesem Artikel: Collection Rolf Heyne


  Genießt euren Tag!                                                                                                                                            

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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

8 Kommentare :

  1. Ein spannendes Interview, gefällt mir sehr gut!
    Und danke für die Bohnenfrage. Endlich kann ich auf eine glaubhafte Quelle verweisen :D

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  2. Ein schönes Inmterview, hat Spass gemacht es zu lesen.

    Die Nummer mit den 4 Flaschen Wein habe ich sogar damals nachgebaut. Guckstu http://www.foodina.eu/index.php/2011/02/07/menue-lackierte-taubenbrust-auf-rosenkohl/

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  3. Wunderbares Interview. Hat mir ausserordentlich gut gefallen. Richtig sympathisch und lieb!
    Besonders interessant war für mich natürlich die Beschreibung der Grossfamilie - bei uns sind es zwar täglich nur acht Personen bei Tisch, aber auch wir nutzen unseren Gemüsegarten und es ist immer herrlich, so zusammen zu sitzen und das zu geniessen, was wir uns vorher durch die Gartenarbeit erarbeitet haben.
    Jedenfalls weiss ich jetzt, wohin ich mit Wolf mal verreisen könnte... ;)
    Liebe Grüsse, Yushka

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  4. Hallo Astrid,
    ich beneide dich ein bisschen, mit Herrn King hätte ich auch gern eine Weile geplaudert.
    Den Lanz habe ich mir nicht entgehen lassen, wenn er in der Riege der Köche dabei war. Seine Gerichte waren immer etwas besonderes, ausgefallen und trotzdem machbar, und ein Tipp wie der mit der Zaubersauce war auch oft dabei. Dieser Booster steht seitdem immer in meinem Kühlschrank. Er ist wirklich genial...unbedingt nachmachen!

    Liebe Grüße Ulrike

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  5. Sehr sympathisch, M.King - und deine Fragen gut gestellt, Astrid! Gerne gelesen!

    Diese Saucenreduktion hat mich seinerzeits ebenfalls in ihrer Dekadenz beeindruckt!

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  6. Ich danke euch allen für die netten Reaktionen und Kommentare zu diesem Interview! Es war mir eine besondere Ehre, mit Herrn King zu sprechen und das durchaus auch über Dinge abseits der Kulinarik.
    Da aber jedes Interview immer nur so gut sein kann, wie der Befragte es zulässt, gebührt an dieser Stelle alle Ehre Johannes King.

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  7. Ich hab es mit viel Freude und ganz viel Schmunzeln gelesen. Danke. Ein sehr sympathischer Mensch und wunderbarer Koch.

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