Rezept für gefüllte Paprikaschoten mit Reis {Futtern wie bei Muttern!}

Gefüllte Paprikaschoten mit Reis

Gefüllte Paprikaschoten mit Reis wie früher bei Mama - Futtern wie bei Muttern | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Das Leben ist ein Jammertal!

Das Kind wohnt seit zwei Jahren in Hamburg. Manchmal jammert es. Wenn es krank ist, z. B. Dann ist niemand (=keine Mama) in der Nähe, der das Krankenessen aller Krankenessen "Arme Ritter" machen könnte. Und überhaupt ist auch an einem normalen Mittwochabend keiner (=keine Mama) zur Hand, die gefüllte Auberginen kochen könnte. Oder gefüllte Paprikaschoten. Oder Sashimi macht. Oder Matjes kauft. Oder Lasagne nudelt. Liste beliebig erweiterbar.

Landruhe

Jetzt ist das Kind hier, hockt auf dem Land, völlig ohne Ablenkung, um sich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten. Also ist 6 Tage Zeit, um o. g. Liste abzuarbeiten, die jederzeit spontan erweitert werden kann. Geschickterweise habe ich Matjes und Sashimi an einem Tag erledigt (Fisch = Check!). Folgen sollten die Auberginen, aber P. insistierte. Er sieht in diesen Tagen seine große Chance gekommen, um abseits "gefüllter Giraffenhälse" (Zitat!) auch "mal wieder" (Zitat!) "so normal" (Zitat!) zu essen. "Wie früher halt" (Zitat!). Frechheit! Und so gab es als nächstes gefüllte Paprika. Ganz ehrlich - ich liebe sie ebenfalls. Irgendwie waren die gefüllten Paprika meiner Mutter immer grün, was mich zu der Überlegung bringt, ob es wohl in den 70er und 80er Jahren nur grüne Paprika gab? So wie es in den 60ern keinen Brokkoli gab (was nicht sooo schlimm war, er wurde dann ja doch nur mit Mandelbutter übergossen (sic!)). Mittlerweile jedenfalls sind die gefüllten Paprikaschoten bei uns gelb oder rot, je nach Verfügbarkeit. Was meine Mutter nie getan hat und ich bis heute auch nicht, ist, die Paprika vorher zu schälen. Herings Lexikon der Küche - eines der Standardwerke zum Thema Kochen*weist ausdrücklich auf das Enthäuten hin und für viele stellen Paprika mit Schale eine große Herausforderung an den eigenen Verdauungsapparat dar. Wir haben wohl Pferdemägen in der Familie, bei uns bleibt die Schale dran.

Donaudampfschifffahrtsgesellschaft

Ihren Ursprung haben die gefüllten Paprikaschoten wohl in der ungarisch-österreichischen Küche (hoffentlich beginne ich mit dieser Feststellung nicht weitere Grenzzwischenfälle, aber egal, ich habe eh Einreiseverbot). Von der pannonischen Tiefebene über das Wiener Becken sind sie vor Jahrzehnten mit der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft nach Deutschland gekommen. In den berühmt-berüchtigten deutschen Balkanrestaurants der achtziger Jahre sprangen sie fetttriefend von den Speisekarten, vorzugsweise als Bestandteil der großen Balkan-Grillplatte mit Spieß, Ćevapčići und Manestra oder Kritharaki, diese kleinen Reisnudeln in wässriger Tomatensauce, die ich noch nie ausstehen konnte, weil sie mich stets an Maden erinnern. Preisgünstig war und ist es natürlich, den dazugereichten Reis oder die Madennudeln gemeinsam mit dem Hackfleisch in die Paprika zu stopfen. Bei uns zuhause waren die Komponenten getrennt - es gab die gefüllten Paprikaschoten, der Reis kam als Beilage dazu. In der sinestren Zeit der Vollwerternährung gerne mit dem braunen, ungeschälten, der immer hart blieb und nie schmeckte, so sehr ich mir auch das angebliche Nussaroma durch erhaltenes Silberhäutchen blablabla einzureden versuchte. Noch heute lege ich in beeindruckend kurzer Zeit lange Strecken der Flucht zurück, wenn Du mir mit Vollkornreis oder Vollkornnudeln Dinkel! Schüttel! kommst.
Gefüllte Paprikaschoten mit Reis wie früher bei Mama - Futtern wie bei Muttern | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Die besten gefüllten Paprikaschoten der Welt

Und so wurde im Laufe der Jahre das Mamarezept von mir kräftig durchgepustet und entstaubt ohne ihm seine Grundstruktur zu nehmen. Es ist immer noch saulecker, zum Hineinlegen gut, und noch immer kann man sich herrlich daran überfressen. Die olle Mehlschwitze weicht leichter Béchamel (Rezeptlink), die Paprikaschoten werden nicht von oben "entdeckelt", und vollgestopft sondern längs halbiert und das Brot für die Hackfleischmasse hat keine Rinde und weicht in warmer Milch. Die Zwiebeln für die Fleischmasse werden vorher fein gewürfelt und laaaaangsam (mindestens 30 Minuten) in neutralem Fett karamellisiert. Das zugegebene Paprikapulver ist nicht edelsüß sondern rosenscharf und es ist stets frisch und nur in kleinen Mengen vorrätig und niemals nie nicht von einer der bekannten Supermarktsorten, die schmecken eh nur nach Pappkarton und das könntest Du dann ja auch billiger haben. Auf 500 g gemischtes Hackfleisch kommt ein Ei und ein Eigelb und zwei Scheiben altbackenes Weißbrot ohne Rinde, eingeweicht in besagter warmer Milch. Ersatzweise verwende ich das stets vorrätige, selbstgemachte mie de pain, das in der warmen Milch locker aufquellen darf. 

Die Schoten landen im Bräter, werden ca. 2 cm hoch mit Geflügelfond (Rezeptlink) angegossen, abgedeckt und schmoren bei 180° C ca. 40 Minuten vor sich hin. Aus dem dann hochkonzentrierten Sud entsteht eine köstliche Sauce, aus einer hellen Roux, einem Tropfen hüstel Weißwein und der Zugabe von etwas frischer Vollmilch. Für uns drei kaufe ich 9 Schoten, so dass auf jeden 6 halbe kommen, wovon meistens 2 - 3 im ersten Gang gegessen werden, und dann Stunden später gewisse Leute direkt am Herd halb kalte Paprika in halb kalte Sauce stippen, so von Topf zu Topf. Dabei insistieren sie, für den morgigen Tag noch Reste für das Büro zu haben, sind aber um 22:30 Uhr mit der ihnen zur Verfügung stehenden Menge bereits bei einer schwarzen Null angelangt. Dann wird geschachert meine Paprika waren aber nur so klein, eure waren viel größer etc. Das Ende vom Lied ist, Du kaufst beim nächsten Mal für jeden 4 Schoten, so dass jeder 8 Hälften hat und zögerst das nahende Ende bis 23.30 Uhr hinaus. Was ich damit sagen will: Vergiss einfach, dass Du jemals eine für Reste ausreichende Menge hinbekommst und akzeptiere in diesem Fall das Vorhandensein phänomenaler kosmischer Kräfte. (Aus welchem Film, btw.? Wer es ohne Google weiß, darf zum Paprikaessen kommen!)
Gefüllte Paprikaschoten mit Reis wie früher bei Mama - Futtern wie bei Muttern | Arthurs Tochter Kocht by Astrid Paul

Und der Reis?

Tja, der Reis ist natürlich wieder so ein Kapitel für sich. Ich verwende als Alltagsreis stets Basmati von Tilda, den es auch in ganz reizenden Verpackungen in Pink gibt, und darauf fällt man als Mädchen schnell rein, denn darin steckt die olle Vollkornvariante, also Obacht; immer schön in Jungenblau kaufen! Bei mir wird der Reis in etwas neutralem Pflanzenöl und Salz angedünstet, bis aus dem Topf ein feines nussiges Reisaroma strömt und er leicht Farbe anzieht. Dann wird mit der 1,5fachen Menge warmen Wassers aufgegossen und im offenen Topf köchelt er leise vor sich hin. Wenn das Wasser verkocht ist, bohre ich mit dem Stiel des Holzlöffels Röhren hinein, in die ich passende Butterstücke stecke. Dann kommt ein grobes Leinentuch auf den Topf, das vom Deckel beschwert und gehalten wird. Auf Stufe 1,5 der Induktion (früher einfach auf der Wärme der ausgeschalteten Herdplatte) schmilzt die Butter in den Reis, die verbliebene Feuchtigkeit steigt hoch und sammelt sich im Tuch. Auf dem Topfboden entsteht eine ganz leichte goldgelbe Knusperkruste, die bei den Persern als besondere Köstlichkeit gilt und stets dem Gast zusteht.

Das Blogevent von German Abendbrot: Entstaubte Klassiker
To whom it may concern: Marika Rökk hat ihre Autobiografie unter dem Titel Herz mit Paprika*verfasst. Jaj! (das war Ungarisch :D)


  Genießt euren Tag!                                                                                                                                            

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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

26 Kommentare :

  1. So würde ich sie sofort essen - nicht die weichgekochten, bitteren, fetten Dinger vom Jugo-Grill... Herzlichen Dank fürs Mitmachen und diesen entstaubten Klassiker! Wir treffen und dann demnächst um 22.30h in der Küche. Ich bring ein Stück Brot zum Dippen mit :-D

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  2. Unlängst habe ich in einem Rezept gelesen, dass man die Paprika mit einem Sparschäler schälen soll!! Ich mein, da bleibt ja dann überhaupt nichts mehr übrig!

    Übrigens: Ein Freund von uns war vor einigen Jahren einmal in einem Altersheim für Künstler in der Nähe von Wien zu Besuch. Sie saßen gemütlich auf der Terrasse, als plötzlich jemand radschlagend durch den Garten wirbelte.

    Es war Marika Rökk.

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  3. PS von wegen "genug machen, dass es auch noch für morgen reicht": Gestern hat der Gatte Königsberger Klopse für 8 Personen gemacht. Geplant waren 7, schlussendlich waren wir 4.

    Es waren 53 Klopse - und ich bin heilfroh, dass es wenigstens noch für ein Mittagessen heute reichen wird.

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  4. Das Häuten der Paprika soll doch nur verhindern, dass kleine Buben die gefüllten Paprika nicht in den Taschen der Lederhosen verschwinden lassen können. :o))
    lg
    Maria

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  5. Nach meiner Erinnerung gab es in den 60-er (und 70-er?) Jahren wirklich nur grüne Paprika. Warum weiß ich auch nicht, die roten und gelben kamen erst später.
    LG Ulrike

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  6. Hallo, vielen lieben Dank für das Super-Rezept, aber was, mache ich mit der Béchamel?

    Danke für die Antwort im Voraus!

    Gruß

    Trude

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  7. Hannoveraner11/25/2013

    Liebe Astrid,

    ich habe gerade Deinen Post zu Deinem Einreiseverbot nach Österreich gelesen und mich köstlich amüsiert.

    Leider muss ich Dich korrigieren. Es gibt Braunschweig. Es handelt sich hierbei um ein kleines Dorf in der Nähe von Peine.

    Beste Grüße aus Niedersachsen

    Moni

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  8. Liebe Moni,
    irgendwo in den Kommentaren mit den ganzen Österreichern habe ich erzählt, dass ich - Schande auf mich - Braunschweig mit Bielefeld verwechselt habe. Und wie Du sicher weißt, gibt es nämlich Bielefeld ganz ganz sicher wirklich nicht! :D

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    1. Hallo;
      so lecker das Rezept auch klingt und direkt zum nachkochen einlädt!;
      Ich komme mit diesen Rezeptangaben (nämlich gar keine)
      so überhaupt nicht zurecht ..... sorry
      Ist es möglich mir das Rezept entsprechend deutlicher aufzuschreiben/zuzusenden?

      Liebe Grüße und besten Dank im Vorraus

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    2. Nein, das ist nicht möglich.

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  9. Welch' fulminates Plädoyer für den Klassiker, den ich im Übrigen auch nur mit grüner, gedeckelter Paprika kannte und verschmähte. Genauso wie Vollkornreis- und nudeln. Daran wird sich wohl auch nichts ändern, bei deiner Paprikavariante käme es auf einen Versuch an. ;-)

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  10. Liebe Trude,
    die Béchamel ist doch die Sauce! Ich habe sie als bessere Anleitung und Erklärung verlinkt. Hier wird sie halt mit zusätzlich dem Fond zubereitet und nicht nur mit Milch. Wichtig bei einer Béchamel ist unbedingt, dass sie ausreichend lange köchelt, damit der Mehlgeschmack verschwindet.
    Ich hoffe, dass ich alle Missverständnisse beseitig habe, ansonsten melde Dich gerne noch einmal! LG

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  11. Liebe Julia, Du weißt ja - Du bist zu jeder Tages- und Nachtzeit willkommen zum Stippen! :)

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  12. Liebe Frau Neudecker, das Schälen mit dem Sparschäler ist vor allem sehr mühsam wie ich finde. Und zeitaufwendig. Und überflüssig. In der Zeit rolle ich doch lieber ein paar Königsberger Klopse. Von denen bei uns auch noch nie ein einziger den nächsten Tag erlebt hat.

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  13. Liebe Ulrike, es wäre doch interessant mal zu erfahren, wann die ersten roten und gelben Paprikaschoten in Deutschland auf den Markt kamen.

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  14. Liebe Maria, das ist die bisher schönste Erklärung! :D

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  15. Phänomenale kosmische Kräfte... winzigkleiner Lebensraum!

    Und Aladin hat noch viel mehr zu bieten.

    Liebe Grüße
    Martina

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  16. Liebe Astrid,

    wunderbar beschrieben, einfach toll, ich kannte diese Art der Zubereitung noch nicht...
    Aber ehrlich, das mit der Béchamel raffe auch ich nicht oder ist es so gemeint, dass du den Fond aus dem Bräter mit der zuvor vorbereiteten Béchamel zusammen führst?

    Liebe Grüße, Veronika

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  17. Liebe Martina, Paprikaschote? Jederzeit gerne! :)

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  18. Liebe Veronika, ich sehe schon, dass ich den Hinweis auf die Bechamel wohl noch einmal überarbeiten muss...
    Gemeint ist folgendes:
    1. weicht die früher übliche schwere Mehlschwitze einer leichten Bechamel. Der Link führt zu einem Rezept, wie man diese grunsätzlich zubereitet. Wichtig ist nämlich, dass eine Bechamel ausgiebig köcheln darf, damit der Mehlgeschmack verschwindet.

    2. Erkläre ich dann weiter unten, wie die Bechamel in diesem Fall von mir gemacht wurde. Helle Roux (das ist ja nur ein schöneres Wort für Mehlschwitze), abgelöscht mit Wein und natürlich aufgegossen mit dem Fond, der hier die Grundlage für die Sauce bildet und unter Zugabe von etwas Vollmilch, die ja wiederum ganz klassisch für die Herstellung einer Bechamel ist.

    Puh... noch Unklarheiten? :D
    Schönen Tag für Dich!

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  19. Puuuuhhhhh, jetzt habe ich es verstanden ;-)
    Danke aber noch Mal für deine Mühe, muss im Moment etwas grinsen ;-)

    Tschüssle, Veronika, dir auch einen wunderschönen Tag!

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  20. ohhh wie lecker! Ich liiiiiiebe gefüllte Paprikaschoten - etwas aus meiner Kindheit und lustigerweise nie gekocht im Laufe der 17 Jahre Ehe. Wieso eigentlich? Dann beim Küchenkönigin Duell hatte meine Mitstreiterin diese auf den Tisch gebracht, aber mit gerösteten Haselnüssen im Hack - wow wow wow!!! Das war ein Geschmackserlebnis!!!!! Unbedingt mal machen. Und die Zwiebeln andünsten statt roh - ist milder. LG und weiter so mit dem tollen Blog....

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  21. Gefüllte Paprika...herrlich. Gabs bei uns heute. Und wenn ich auch sonst die Haut abziehe (weil ich sie nicht gut vertrage), aber bei den gefüllten Schoten MUSS sie dran bleiben.

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  22. Ähmmm, Chrissi: Hast Du diesen Satz im Beitrag gelesen?
    "Die Zwiebeln für die Fleischmasse werden vorher fein gewürfelt und laaaaangsam (mindestens 30 Minuten) in neutralem Fett karamellisiert."

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  23. Liebe Frau Kampi, ich denke auch, die Schoten fallen doch fürchterlich in sich zusammen, wenn die Haut sie nicht mehr beieinander hält, oder?

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  24. Ja, da geh ich vollkommen mit dir. Und man muss die Haut ja nicht unbedingt essen ;-)

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