Kleiner Happen: Dinkel-Gemüse-Pfannküchlein (Pfannkuchen) mit Petersilien-Gin-Sauce

Eine kleine Geschichte von der Erfindung des Gins und ein Rezept für einen kleinen Happen: Dinkel-Gemüse-Pfannkuchen mit Petersilien-Gin-Sauce

Dinkel-Gemüse-Pfannkuchen mit Petersilien-Gins-Sauce  | Arthurs Tochter kocht von Astrid Paul. Der Blog für Food, Wine, Travel & Love
"Alle Lockungen, alle möglichen Versuchungen vereinigten sich, um die Arbeiter zur Trunksucht zu bringen. Der Branntwein ist ihnen fast die einzige Freudenquelle ... Der Arbeiter kommt müde und erschlafft von seiner Arbeit heim; er findet eine Wohnung ohne alle Wohnlichkeit, feucht, unfreundlich und schmutzig; er bedarf dringend einer Aufheiterung, er muss etwas haben, das ihm ... den nächsten sauren Tag erträglich macht; ... sein geschwächter Körper ... verlangt mit Gewalt nach einem Stimulus von außen her ... Sein geselliges Bedürfnis kann nur in einem Wirtshaus befriedigt werden ... es ist die moralische und physische Notwendigkeit vorhanden, dass unter diesen Umständen eine sehr große Menge der Arbeiter dem Trunk verfallen muss“
Das schrieb Friedrich Engels (1820 - 1895), der 1842 als junger Mann aus dem pietistischen Barmen im Tal der Wupper für 2 Jahre nach England ging, um dort eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren.

Dass Herr Engels jr. sich alsbald Gedanken um das Proletariat und dessen Lebensumstände machte ist bekannt. Nicht überliefert ist, ob er versuchte, die Entstehungsgeschichte des von den Briten so verehrten und sie doch zugrunde richtenden Gebräues zu ergründen.

Wie so vieles Elend in der Welt liegt auch dieser Geschichte einmal mehr ein Vater-Sohn-Konflikt zugrunde. Karl V. (1500 – 1558) hatte irgendwann genug von seinem aufsässigen Sohn, Philipp II. Um ihn loszuwerden und zu verhindern, dass der Sohn versuchen möge, durch einen vorzeitig herbeigeführten Tod des Vaters an den Thron zu kommen, übergab er ihm 1555 Spanien, Mailand, Neapel, Sizilien, Sardinien und die Niederlande. Anstatt sich in der mediterranen Sonne zu aalen, hatte Philipp nichts Besseres zu tun, als seine neuen Reiche tyrannisch zu unterdrücken. Während die Mailänder sich der Kunst hingaben, die Nepalesen erste strukturierte Verflechtungen diverser verbrecherischer Familien planten und die Sizilianer schon mal zur Freude späterer Touristen Amphoren in der lehmigen Erde vergruben, versuchten die Niederländer alles, um Philipp wieder loszuwerden. Das passte diesem erwartungsgemäß wenig, so dass der den aufrührerischen Niederländern den Herzog von Alba auf den Hals schickte. Da ließen diese aber nicht lange mit sich spaßen, legten die Blumenzwiebeln beiseite, griffen zu Stock und Schwert und riefen „Krieg“! Etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sie die Spanier dann endgültig vor die Deiche gesetzt.
Was aber machten die Holländer nach all den Jahren der Entbehrungen? Das gleiche, was wohl jeder von uns getan hätte: Sie aßen sich mal wieder richtig satt. Aufblühend zu einer der führenden Seemächte Europas begann in den Niederlanden das „Goldene Zeitalter“. Und so wie man auch noch heute in dem kleinen Land am Meer gerne allerlei Gebackenes, Frittiertes und Zerkochtes zubereitet, war es auch damals schon. Nur noch viel schlimmer! Alsbald war die Bevölkerung krank, krampfte sich herum und stöhnte über die Schmerzen in den Verdauungsorganen. Da eilte ihnen jemand zu Hilfe: Franziskus Sylvius de Bove, Professor an der Universität Leyden.

Dieser experimentierte etwa um das Jahr 1600 herum mit Mais, Wacholder, Gerste und Roggen. Sein Ergebnis – einen klaren Wacholderbranntwein, der die Verdauung anregte – nannte er „Geniève“, das sich vom lateinischen „iuniperus“ ableitet und „Wacholder“ heißt.

Und so genießt man auch noch heute traditionell in den Niederlanden in seiner Stammkneipe oder auch mit Freu(n)den zuhause ein Glas Genever. Dabei steht beim jonge Genever mehr die Wacholdernote im Vordergrund, beim oude eher der „moutwijn“, der Malzwein. Passend zum jonge und oude Genever haben die Holländer dann auch gleich den jonge und oude Gouda erfunden.
Jetzt wissen wir aber immer noch nicht, wie das Elend auf die Insel kam.

Das passierte 1688. Zu der Zeit regierte in England Jakob II, seines Zeichens den Franzosen und den Katholiken sehr zugetan. Mit beiden hatten aber die Engländer nichts an der späteren Melone, so dass die Opposition den Protestanten Wilhelm von Oranien um Hilfe bat. Der kam mit 15000 Mann, vertrieb den frankophilen Jakob und ließ sich zum Dank auch gleich die englische Krone aufsetzen. Im Rucksack hatte er damals den Genever, der alsbald zum Kultgetränk der englischen Gesellschaft avancierte. Geholfen hat dabei sicher nicht unwesentlich, dass Wilhelm zeitgleich die französischen Getränke mit immensen Steuern belegt, so dass er den Engländern zumindest zeitweise das Champagnertrinken verdarb. Wo die Engländer doch schon seit 1662 mit der zweiten Gärung experimentierten und auch festere, der Flaschengärung standhaltende Glasflaschen entwickelten. Aber davon ein anderes Mal mehr…

Da aber die Steuerpolitik Wilhelms nicht so ganz ausgereift war, wurde Bier gegen Ende des 17. Jahrhunderts sehr viel teurer als Genever, der dann in rauen Mengen von der armen englischen Bevölkerung getrunken wurden. Da die einfachen Schichten des Französischen nicht mächtig waren und auch betrunken kaum noch in ihrer eigenen Landessprache lallen konnten, verkürzten sie den Namen des Getränkes alsbald auf „Gin“. Wie eine Epidemie breitete sich die billige Tunksucht in England aus und vernichtete ganze Straßenzüge. Ähnliches erlebten nur noch die Franzosen um 1900 herum, als der Absinth das halbe Land in Alkoholleichen verwandelte. Am Ende des 17. Jahrhunderts trank man in England 2,5 Millionen Liter Wacholderbrand – um 1730 waren es schon 25 Millionen, in den 40er Jahren bereits 100 Millionen Liter pro Jahr. Angeblich war in Westminster in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts jedes vierte Haus eine Schnapskneipe in der sich das Proletariat bis zum Erbrechen berauschte.

Das ist heute zum Glück anders geworden. Wir trinken unseren Gin gepflegt als Gin Tonic oder Gin Fizz und manchmal, wenn wir des Kochens mit Wein müde geworden sind, verarbeiten wir ihn als Bestandteil in Kräutersaucen:

1 Schalotte in Butter glasig andünsten und mit einem großzügigen Schuß Gin ablöschen. Einkochen lassen. Mit Gemüsefond ablöschen und wieder einkochen lassen. Das 2 x wiederholen. Dann etwas Sahne angießen und ein wenig einkochen lassen. Ein großes Bund glatte Petersilie waschen und kleinhacken. Dann in der nicht mehr kochenden Sauce pürrieren. Salzen, pfeffern und durch ein Sieb streichen. Etwas Gelespessa oder kalte Butter mit der Schlagscheibe des Zauberstabes einmontieren und aufschäumen.


  Genießt euren Tag!


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Arthurs Tochter

Astrid Paul, die Autorin von Arthurs Tochter kocht., ist besessen vom Essen. Sie wacht manchmal nachts auf, weil ihr im Traum Essensdüfte durch die Nase ziehen. Dann steht sie auf und fängt an zu kochen. Oder zu schreiben. Vielleicht kocht sie auch nur, um darüber schreiben zu können, wer weiß das schon...

3 Kommentare :

  1. Bei deinem Artikel habe ich Hogarths Beer and Gion Lane vor Augen. Und den Spruch der sozialistischen Abstinenzler-Bewegung: "Ein guter Arbeiter trinkt nicht". Der schnell im Volksmund umformuliert wurde zu: "Ein guter Trinker arbeitet nicht" ....
    Ich war mal in Menorca. Dort haben die Briten Gin als "Inselgetränk" etabierlt. Aus Zitronenlimonade und Gin (der aus iomportierten französischen Wacholderbeeren auf der Insel gebrannt wird) machtm an die "Pomada, ein höllisch gefährliches Mixgetränk, das wie Limo schmeckt und von den vielen angesiedelten britischen Pensionisten auch wie Limo getrunken wird.
    Die Sauce klingt nachkochenswert. Muss nur mal Gin besorgen, den habe ich sonst nie zuhause.

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  2. Ein guter Gin, in Maßen und so wie es Du gemacht hast zum Beispiel in einer Sauce ist delikat! Die Menge machts. Deine Pfannküchlein sehen Spitzenmäßig aus!

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  3. Was für ein schöner Artikel... der Gin hat in England tiefe und und tragische Spuren hinterlassen.. Darüber gibt es interessante Bücher auch in den Geschichten von Charles Dickens spielt der Gin immer wieder eine Rolle. Ich trinke sehr gerne mal einen guten Gin tonic... Dien Rezept klingt wunderbar und besonders mit den Dinkelküchlein machst Du mir einen freude - ich habe glaube ich alles zuhause.... super!

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